Hunger Zeit Mahl Zeit – Gabi Erne erzählt:

Die Gleichzeitigkeit von Hunger und Sättigung in unserer Welt

„Auf die Rückseiten von Hungertüchern habe ich Streifen von Geschirrtüchern, auch angebrannten Geschirrtüchern, Ausschnitte bestickter Spitzendecken und bibl. Szenen aufgenäht. Die beiden Fahnen zeigen wie auf Zeitschienen Vergangenheit und Gegenwart häuslicher Tische. Durch ihre Symmetrie zeigen sie aber auch die dauernde Gleichzeitigkeit von Hunger und Sättigung in unserer Welt. 

Installation: Gabi Erne; Foto: Josh von Staudach

Der Titel ist mit Kreuzstich gestickt, eine Hommage an die Handarbeiten unserer Mütter und Großmütter, die auch in schwierigen Zeiten versucht haben, es ihren Familien wohnlich zu machen. Meine Erfahrung: sticken beruhigt und erdet.

Auch heute sind es die Frauen, die nach Kriegen und Katastrophen die Herdstellen wieder entzünden und die Scherben zusammenkleben, um in den Töpfen wieder kochen zu können. Diese Katastrophen-Küchen sind wie die Rückseite der geschriebenen Geschichte, denn von der Kunst, in Krieg und Trümmern eine Familie zu ernähren ist kaum etwas bekannt. Und auch in guten Tagen wird nicht viel davon erzählt. 

Hinter jeder Mahl-Geschichte gibt es eine Küchen-Geschichte. 

Altarfahnen: Gabi Erne; Foto: Josh von Staudach

Dass ich Hungertücher als Grund verwende, nimmt Bezug auf die mittelalterliche Fastenzeit, wo weiße Hungertücher den Altarbereich verdeckten, damit die Gläubigen, auf diese Weise getrennt vom Heiligen auch seelisch fasten und sich eine Sehnsucht nach dem Sichtbarwerden des Verborgenen entwickelt.“

Gabi Erne

Kontakt: gabi-erne@t-online.de

Die Künstlerin Gabi Erne während ihrer Performance beim Gottesdienst am 10.04.2022; Foto: Josh von Staudach

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